Briefmarken-Handbuch
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Verpackungsmaterial
Briefmarkensammeln und Ästhetik gehören zusammen - früher oder später.
Nach anfänglichem einfachem Zusammentragen von möglichst vielen Briefmarken kommen ernsthafte Sammler ohne ordnende und eben der Ästhetik dienende Strukturen auf keinen "grünen Zweig".
Man wird seine "Schätze" also nicht einfach irgendwo unterbringen, sondern nach Behältnissen und Aufbereitungen suchen, die es möglich machen, sie so darzustellen, daß es einfach Spaß macht, sie sich hin und wieder auch anzusehen.
Dabei wird man irgendwann bemerken, daß es ein und dieselbe Briefmarke in den unterschiedlichsten Varianten gibt - und sie auch haben wollen: Mit Rand, mit Randzudrucken, unterschiedlichen Wasserzeichen, Gummierungen, Fluoreszenzen und Zähnungen, größeren Einheiten, Rollenmarken, Zusammendrucken (und vielem mehr) - und auch Markenheftchen.
Was heißt "... und auch Markenheftchen"? Ist das etwas besonderes?
Nein einerseits, andererseits und ob!
Der normale Postkunde kauft Briefmarken auf Vorrat. Nicht als Einzelmarken oder in Bogenteilen, sondern so, daß sie sich leicht aufbewahren lassen, vielleicht sogar in der Geldbörse so, daß sie nicht verkleben oder beschädigt werden. Hierfür gibt es Marken, die durch einen Karton geschützt sind oder selbstklebende Briefmarken auf Folien, also gut verpackt. Sind die Marken verbraucht, wandert die Verpackung ..... in den Müll.
Nicht so bei uns Sammlern! Ich sammle seit urdenklichen Zeiten AMTLICHE, also von der Post verausgabte Markenheftchen (von privat ausgegebene MH sind Machwerk, Abzocke, nicht sammelwürdig) in den unterschiedlichsten Varianten - und sammle somit, wie unglaublich viele andere auch, Verpackungsmaterial.
Ich liebe auch Rollenmarken, die es zu früheren Zeiten (bis SWK), damit auch die letzte Marke einer Rolle aus dem Automaten verausgabt werden konnte, mit 4 1/2 Zusatzleerfeldern in unterscheidbaren Papierfarben gab.
Verpackung!
Und schnell ergeben sich Fragen, wie z.B. in welchen Rollengrößen und eventuellen offiziellen Besonderheiten gibt es die Rollenmarken? Die "amtlichen" Antworten erhält man durch das Verpackungsmaterial: Die Verschlußbanderole der Rolle mit Nennung des Ausgabeanlasses, Angabe der Rollengröße, dem Wert der Einzelmarke und dem Gesamtwert, und auch durch den Verschlußteller, der je 10 verpackte Rollen für die Auslieferung an Postämter versiegelt.
Der Michel verschweigt z.B. noch immer in seinen "Normalkatalogen", daß es die Serie "Burgen und Schlösser" in unterschiedlichen Fluoreszenzen gibt, während die Verschlußteller ganz klar von "geänderter Fluoreszenz" sprechen, die auch unter der Prüflampe eindeutig zu belegen ist.
Ende Juli 2012 wurde bei eBay "Abfall" des laufenden Postbetriebs, ein sogenannter "Verschlußteller" oder auch "Stangendeckel", für € 352,66 verkauft!
Jeder, der dies las, schüttelte wohl nur verwundert den Kopf und meinte, vordergründig wohl gerechtfertigt, die spinnen, die Briefmarken?-Sammler.
Aber ist das wirklich so abwegig?
Briefmarken sind wie Bargeld, sie haben innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer den aufgedruckten Wert, der dazu berechtigt, gleichgültig in welcher Sortierung eine Dienstleistung, hier den Transport und die Zustellung einer Postsache, zu begleichen.
Logisch also auch, daß von der Herstellung bis zum Vertrieb Begehrlichkeiten, von Sammlerwünschen bis hin zu kriminellen Aspekten, geweckt werden.
Das beginnt, wie man sich vorstellen kann, schon in der Druckerei. In den verschiedenen Herstellungsphasen werden z.B. der Farbdruck, die Beschriftungen und die Zähnung in einzelnen Schritten vorgenommen. Verschwände solch ein "unfertiger" Bogen, brächte der dem Dieb enorme "Gewinne" - zum Schaden der Sammler.
Würden diese "Wertpapiere" im Anschluß lose in den Postbetrieb verteilt, wäre auch hier dem Betrug, dem Diebstahl Tür und Tor geöffnet.
Ein fast (woher sonst sollte die im Handel angebotene Druckmakulatur sonst kommen?) lückenloses Prüfsystem sorgt für weitestgehende Sicherheit. Beispiele vergangener Tage sind die sogenannten Randzahlen, die die gedruckten Briefmarkenbögen zählen, Druckerzeichen und Druckerkennzeichen, die den verantwortlichen Drucker benennen, Formnummern, die nachweisen, in welchen Einheiten die Bögen gedruckt wurden, Rollennummern, mit denen die Menge gerollter Marken kontrolliert werden - das alles sind also einfach nur Herstellungs- und Verbrauchskontrollmittel.
Nichts anderes, dann jedoch auf der nächsten Ebene, ist das Verpackungsmaterial.
Nehmen wir die Rollenmarken. Die gemäß der gewünschten Rollengröße produzierten Rollen, z.B. 200, 300, 500 oder 1000 (und mehr), werden nun mit einer Banderole verschlossen, auf der alle notwenigen Informationen abzulesen sind, also z.B. Rollengröße, um welche Briefmarke es sich handelt, mit welcher Nominale, multipliziert mit der Rollengröße (Beispiel: Burgen und Schlösser Berlin, 50 Pfennig x 1000 (angenommene Rollengröße), also DM 500,--.
Diese Rollen werden nun jedoch nicht als Einzelrollen an die Postdirektionen verteilt, sondern in einheitlichen Verpackungsgrößen á 10 Rollen. Diese 10 Rollen werden in einer Rollenstange verpackt und mit einem Aufkleber, dem eingangs genannten Verschlußteller (VT) oder auch Stangendeckel genannt, verschlossen. Hier lesen wir nun z.B. Ausgabe Berlin, 50 Pfennig, 10 Rollen á 1000 Stück = DM 5.000,-- - und, bei "Burgen und Schlössern", "geänderte Fluoreszenz" und "geändertes Druckverfahren" (Letterset).
Von der 5 Pfennig-Marke der Berliner Serie "Unfallverhütung" wurden 7000 Rollen der 1000er Rollen (die geraden Rollennummern sind 4-stellig, also z.B. "0010", die ungeraden dreistellig, z.B. 015) hergestellt, die dann in 700 Rollenstangen á jeweils 10 Rollen konfiguriert wurden. Die 700 Stangendeckel waren für jeden "Postler" nur Abfall und wurden überwiegend auch so behandelt: ab in den Papierkorb. Nur wenige Sammler werden in den Besitz dieser Seltenheit gelangt sein - und dementsprechend ist der eBay-Verkaufserfolg (€ 352,66) mehr als gerechtfertigt.
Im allgemeinen Herstellungs- und Vertriebsprozeß spielen die Briefmarkensammler überhaupt keine Rolle, da gibt es, im Gegensatz zu FDC´s und ETB´s, überhaupt nichts ausschließlich für sie Produziertes. Das ist die eine Seite, die andere ist die, daß die Dokumentation einer Rollengröße mit einer "Banderole" und / oder die einer Rollenstange mit einem "Verschlußteller" nicht nur eine wunderbare Abrundung sammlerischer Darstellung ist, sondern, siehe "geänderte Fluoreszenz", eine unabdingbare und informative.
Darüber hinaus gibt es noch weiteres Verpackungsmaterial, z.B. Blisterdeckel (Deckel der Verpackung von je 50 MH) oder auch der Verpackung von Blöcken, den früheren 50er- und 100er- und heutigen Kleinbögen oder sonstigen modernen Ausgaben.
In keinem einzigen Fall kann man dieses Verpackungsmaterial der Post dort offiziell kaufen. Immer ist ein guter Kontakt zu einem Schaltermitarbeiter der Post nötig, damit er den Abfall nicht final entsorgt, sondern ihn kostenlos an den Sammler gibt.
Zwischenzeitlich wird dieses Material natürlich verstärkt gesucht - und logischerweise in den Auktionen auch beboten, seltenes sogar, siehe Beispiel, sehr stark.
Auf jeden Fall ist es ein Spaßfaktor, den man, wenn man mal etwas angeboten bekommt, sich nicht entgehen lassen sollte.